The World's First / \ BBS Network /|oo \ * FidoNet * (_| /_) _`@/_ \ _ | | \ \\ | (*) | \ )) ______ |__U__| / \// / Fido \ _//|| _\ / (________) (_/(_|(____/ (jm) Das private, internationale FIDO-Netz: Die Welt wird am Computer zum elektronischen Dorf Eine elektronische Publikation des Verlages Nane Jrgensen, Ysenburgstrae 10 8000 Mnchen 19, Tel.: (089) 16 79 644 MailBox: (089) 123 34 45 (C)opyright 1987 und smtliche Verwertungsrechte vorbehalten. In MailBoxen und/oder auf Public Domain-Disketten darf dieser File unverndert und ungekrzt weitergegeben werden. Ronald Werams arbeitet bei der Feuerwehr in In- dianapolis. Wie er und seine Kumpels es geschafft haben, ihren Frauen klarzumachen, da sie unbedingt alleine nach Mnchen zu einem ach so wichtigen internationalen Feuerwehr-Kongre jetten mssen, werden wir wohl nie erfahren. Aber sie werden krftig auf dem Oktoberfest lschen und ei- ne schne Zeit verleben. Als der Bierausflug be- schlossene Sache war, setzte sich Ronald Werams nachmittags an seinen PC und schrieb in der rtli- chen Mailbox (Iredi-Fido, Tel.: 001/317/274/3251) eine Message, ob denn irgendwer in good old Munich nicht ein billiges Hotel wte. Als er und seine Freunde am Abend schon ein wenig fr's Oktoberfest bten, wurde seine Message vollautomatisch ber diverse Mailboxen bis hin zur amerikanischen Ost- kste geschickt. Dort, gemeinsam mit vielen anderen elektronischen Botschaften ging sie mit 9600 Baud auf den schnellen Weg ber den Ozean nach Holland, dem europischen Knotenpunkt, der die Anfrage von Ronald Werams erstmal an den deutschen Knotenpunkt weiterleitete. Kurze Zeit spter landete die Anfrage in einer Mnchner Mail- Box. Das alles geschah vollautomatisch in der Nacht, ohne da irgendwer etwas tun mute. Auf privater Basis, ohne staatliche Subven- tionen und groen organisatorischen Wasserkopf hat sich ein elektronisches Kommunikations-Netz in der freien, westlichen Welt entwickelt, das vor wenigen Jahren nicht fr mglich gehaltene Perspektiven der Verstndigung und des schnellen Informationsflusses bietet. Von Toronto bis Honolulu, von Kansas City bis Vancouver, von El Paso in Texas bis Chicago sind in der gesamten USA PCs zu bestimmten "Mail-Zeiten" ber das normale Telefonnetz -------------------------------------------------- Von Honolulu nach Finnland morgens um 4 zum Nachttarif -------------------------------------------------- miteinander verbunden und tauschen automatisch nicht nur kurze Mitteilungen, Messages und Mails miteinander aus, sondern bei Bedarf auch grere Files. Von Amerika hat sich dieses Netz ausgebreitet nach Europa, Australien, Asien und den sdlichen Pazifik. Ob also Scarborough in Australien, Jakarta in Indonesien, Singapur oder Honolulu, sie gehren ebenso zum FIDO-Netz wie Barcelona in Spanien, Schoten in Belgien, das italienische Alessandria und Orte in Dnemark, Deutschland, Finnland, Schweden und der Schweiz. Angefangen hat alles im Frhjahr 1984 mit Tom Jennings, jenem Mann, der FIDO schrieb. Er ist genau so ein Typ wie Hollywood den ausgeflippten, aber genialen Computer-Programmierer auf die Leinwand bringt: gro, dnn, wirre Haare, Unmengen von Pizzas und Cola verschlingend. Und sein Lieblingsfortbewegungsmittel ist das Skateboard (mit welchem er natrlich auch auf die groen Computermessen und Kongresse kommt). Derzeit arbeitet er bei APPLE, wo er einigen "ROM stuff" entwickelt. Jennings sagt selbst, da er -------------------------------------------------- Angefangen hat es mit einem Skateboard-Fahrer -------------------------------------------------- die Idee fr FIDO von jemandem in Boston geklaut hat (aber er wei nicht mehr von wem). Sein frhester Mitstreiter bei der Entwicklung von FIDO war John Madill (ein DEC Rainbow User). Da hockten also Tom Jennings in San Francisco und John Madill in Baltimore nchtelang vor ihren Computern. Die beiden spielten einfach mit einem Mailbox-Programm von Jennings, dem er den Nonsens-Namen FIDO gegeben hatte, herum. Weil sie es leid wurden, gegenseitig die Mailbox des anderen anzurufen, um dort (wenn mal gerade nicht besetzt war) per Hand ihre Messages abzulegen, wurde ins FIDO-Mailbox-Programm ein zustzliches Feature eingebaut: das automatische Versenden von Messages. Ganz bequem konnte also eine Message eingegeben werden, die dann in der Nacht zu einer festgelegten Zeit, in der beide Mailboxen nur fr den automatischen Mailverkehr geffnet waren, vollautomatisch verschickt wurde. Wie bei vielen groen Erfindungen spielte also auch hier die Faulheit und der Wunsch nach mglichst wenig Arbeit eine gewichtige Rolle. Schon bald waren Jennings und Madill nicht mehr alleine: Im August 1984 gab es bereits 30 solcher FIDOs, nur einen Monat spter waren es 50. Das Netz wuchs und die Software wurde immer ausgefeilter. Doch es traten neue Probleme auf: Am Anfang kannte jeder jeden und bei auftretenden Fehlern konnte man sich schnell verstndigen. Mit Anwachsen des Netzes wurde es aber immer schwieriger, das Ganze so zu organisieren, da zwar alles vllig dezentral strukturiert war, aber da es trotzdem funktionierte. Telefonnummern von neu hinzugekommenen FIDOs stimmten nicht oder waren nach kurzer Zeit umgemeldet. Irgendwo im Lande erhielten arme, alte Damen jede Nacht ab 4 Uhr alle zwei Minuten einen Telefonanruf, bei dem niemand etwas sagte, sondern es nur kurz piepste und dann wurde aufgehangen. Unzhligen dieser armen, genervten und mden Zeitgenossen wurde seinerzeit dann per voice erklrt, was eine Mailbox ist und was es mit dem automatischen FIDO-Netz auf sich hat. Meist stie man auf wenig Interesse, was morgens um 4 Uhr auch leicht nachvollziehbar ist. Es war klar, da eine neue Verfahrensweise gefunden werden mute. Wer sich jetzt am FIDO-Netz beteiligen wollte, mute auf seinem PC das FIDO-Programm zum Laufen bekommen und dem FIDO Nr. 1 via FIDO-Netz eine auto- matische Mail schicken. Erst wenn das klappte, erhielt er seine Netz-Nummer. Aber das Hauptproblem kam mit dem enormen Anwachsen des Netzes: berall in der Welt gibt es mehr als 2.000 FIDOs, die am internationalen FIDO-Netz hngen. Zeichnet man auf einer Weltkarte diese FIDOs ein und verbindet jeden FIDO mit jedem anderen im Netz erhlt man ein recht engmaschiges Netz. Wrden aber alle FIDOs gleichzeitig loslegen und versuchen, sich gegenseitig anzurufen - ein Riesenchaos wre die Folge. Also ging man dazu ber (und das entwickelte sich einfach aus den Bedrfnissen der jeweiligen Betreiber von FIDOs und wurde nicht von einem Oberhuptling beschlossen), einzelne FIDOs in sog. lokale Netze (z.B. alle FIDOs im Gebiet von Los Angeles oder London) zu vereinigen. In einem solchen lokalen Netz kann jeder FIDO jeden seiner FIDOs anrufen und Post austauschen. Messages aber, die aus diesem Netz an andere Netze gehen sollen, wandern zentral an den Host dieses lokalen Netzes, der dann die "Auswrts"-Messages gebndelt verschickt. In dem Mae wie sich das FIDO-Netz ausbreitete, wurde es notwendig, auch regionale und nationale Netze zu "konstituieren". Jedes Land bekam also seinen Koordinator ber den die ausgehende und ankommende Post von bzw. fr dieses Land luft. Zwischen den Kontinenten gibt es dann Knotenpunkte, die den Netz-Verkehr abwickeln. Meist sind diese internationalen Knotenpunkte FIDOs, die mit sehr hohen bertragungsraten (9600 Baud) arbeiten. Irgendwo in Australien schreibt ein ausgewanderter Deutscher eine Message in seine lokale Mailbox. Nachts geht dann diese Message an den Host des lokalen Netzes. Von dort zum Landeskoordinator, der die Message zum Knotenpunkt Ozeanien - Europa weiterleitet. Der schiet die Message zum europischen Koordinator (der sitzt brigens in Holland), welcher die Message zum Korrdinator fr Deutschland weiterleitet. Von dort geht sie zum Host des lokalen Netzes, der sie dann schlielich an den Ziel-FIDO weiterleitet. Quasi einen Tag spter kann dann in der Klner Mailbox gelesen werden, da ein Deutscher im australischen Busch jemanden sucht, der ihm den neuesten Schnack aus Klns Kneipen berichtet. Natrlich kann sich der Klner FIDO aber auch direkt mit dem australischen FIDO "kurzschlieen" und die Post direkt, ohne Zwischenschaltung irgendwelcher Hosts oder Koordinatoren, austauschen. Denn es gibt eine Weltliste aller FIDOs, die sich am FIDO-Netz beteiligen. Diese Liste wird im wchentlichen Rhythmus erweitert und aktualisiert. Im Rahmen des FIDO-Netzes wird -------------------------------------------------- Jede Woche lesen 70.000 Menschen einen elektronischen Newsletter -------------------------------------------------- diese Liste aller FIDOs automatisch verschickt. Ebenso geht jede Woche der FIDO-NEWSLETTER, eine elektronische Zeitung mit Neuigkeiten aus dem FIDO-Netz, Buchtips, Software-Beschreibungen und einem Veranstaltungskalender (vom Disketten- Weitwurf-Wettbewerb im Rahmen einer privaten Grillparty eines Sysops in Atlanta bis hin zum Sternmarsch der Vietnam-Veteranen nach Washington) um die halbe Welt. Rund 70.000 Menschen drften diese Zeitung ber die Telefonleitung wchentlich lesen. Welche Bedeutung das FIDO-Netz fr die (das hochtrabende Wort sei mir erlaubt) Weltkommunikation bereits jetzt schon hat, kann sich jeder leicht ausrechnen. Jeder der rund 2.200 FIDOs drfte schlecht gerechnet rund 100 User haben. Eine Information, die via FIDO-Netz innerhalb von wenigen Stunden um die Welt geht, wird also von mindestens 220.000 Menschen gelesen. Wenn im Durchschnitt jeder dieser Leser die Information noch weiteren 10 Leuten zugnglich macht (in andere Mailboxen ablegt oder ausdruckt und an Schwarze Bretter in Unis, Betrieben oder Husern aushngt), dann erreicht eine solche Information weit mehr als 2 Millionen Menschen. Durchaus ein Machtfaktor, den Firmen, die durch Betrug oder schlechte Ware an die schnelle Mark kommen wollten, auch schon zu spren bekamen. Und als seinerzeit das Challenger-Unglck Amerika bewegte, kamen binnen kurzem unzhlige Messages zusammen, die dann gebndelt und ausgedruckt als "Volkes Stimme" dem Untersuchungsausschu des Kongresses bergeben wurden. Da Gateways zu anderen Netzen wie UNIX und BITnet existieren, macht das FIDO-Netz noch attraktiver und kommunikationsfreudiger. Mit FIDO-Netz existiert auf privater, sozusagen Hobby-Ebene ein unglaubliches Kommunikationsmedium, das Menschen aus verschiedenen Kulturen miteinander in Kontakt bringt, die sich sonst wahrscheinlich nie begegnet wren. Eine elektronische Revolution im Informationsflu und Kommunikationsverhalten, deren Auswirkungen noch gar nicht voll erfat werden knnen. Das FIDO-Netz ist ein Netzwerk, das durchaus einen Vergleich mit kommerziellen Networks standhalten kann. Ja, im Gegensatz zu vielen Networks (wie z.B. USENET oder ARPAnet) bietet das FIDO Netzwerk etliche zustzliche Mglichkeiten. Es besteht damit ein nicht kommerzielles, weltweites Kommunikationsmedium, wie man es in der Menschheitsgeschichte vorher -------------------------------------------------- Ein weltweites Kommunikationsmedium fr jedermann -------------------------------------------------- noch nie gesehen hat. Die Welt wird damit tatschlich zum elektronischen Dorf, wo jeder schnell und bequem mit jedem "reden" und Informationen austauschen kann. Es ist kein Wunder, da ein solches Netz seinen Ursprung gerade in den USA, dem Mutterland der Demokratie, fand. Denn nichts frchtet ein totalitrer Staat so sehr wie den unkontrollierten Flu der Meinungen und Informationen. Insofern ist es auch verstndlich, da es das FIDO-Netz (und Mailboxen generell) nur im westlichen Teil dieses Planeten gibt. Zentralismus und Kontrolle von oben knnen einen freien, schnellen, ungehinderten Informationsflu via Computer/Telefonleitung nicht zulassen, wenn sie sich nicht selber das Wasser abgraben wollen. In diesem Zusammenhang ist es schon einen Gedanken wert, da es in unserem Lande gerade die "linkslastigen Krfte" sind (SPD, GRNE, Gewerkschaften bis hin zur DKP), die eine derart restriktive Telekommunikations-Politik betreiben (Schwierigkeiten bei der Zulassung von Modems z.B.), da auch auf internationaler Ebene die Kritik daran immer lauter wird. Und es sollte nicht unerwhnt bleiben, da es der vielgeschmhte F.J. Strau ist, der als einer der wenigen Politiker ffentlich immer wieder auf den ungehinderten Informationsflu via direktstrahlender TV-Satelliten und Computertechnologie als eine der Grundlage unserer Demokratie hinweist. Ob er allerdings in seinem Dsenjet auch mit einem PC am FIDO-Netz hngt, konnten wir noch nicht in Erfahrungen bringen... (C) 1987 Nane Jrgensen MailBox (089) 123 34 45